Zweimal Vater und Sohn als Rektoren am Plauener Lyceum
Das Plauener Lyceum wies im 18. Jahrhundert eine Besonderheit auf, die wohl einmalig sein dürfte. Sie betraf die zeitliche Abfolge von vier Rektoren. Erst standen nacheinander die Väter an der Spitze der Lehranstalt, danach in gleicher Reihenfolge ihre Söhne.
Eröffnet wurde der Reigen dieser vier Männer durch Gottlieb Friedrich Irmisch, der 1732 in das Amt berufen wurde und es bis 1746 begleitete. Er genoss als Gelehrter einen Ruf weit über das Vogtland hinaus und erwarb sich auch als Poet Verdienste. Darüber hinaus regte er seine Schüler zu eigenen dichterischen Versuchen sowie zu dramatischen Aufführungen an. Geradezu bahnbrechend war Irmischs Mut, mit alten Zöpfen zu brechen und sich neuen Anforderungen zu stellen. Erstmals wurden unter seiner Leitung die jährlichen Schulprogramme nicht wie bisher in lateinischer, sondern in deutscher Sprache gedruckt, und als erster Rektor in Plauen ließ er in Prüfungsarbeiten aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzen. Als besondere Neuerung bot er Unterricht in Französisch und Italienisch an, wenn das auch zunächst nur auf der Basis von Privatstunden erfolgte. Irmischs Nachfolger wurde Christoph Jeremias Rost. Er war 1718 in Grimma geboren worden und hatte an der dortigen Fürstenschule sowie an der Universität Leipzig eine solide Ausbildung als Philologe erhalten. 1747 wurde er nach Plauen berufen. Er zeichnete sich durch hohe Gelehrsamkeit und große pädagogische Meisterschaft aus, so dass er bald als die Zierde unter den sächsischen Rektoren galt.
Er bewies in vielen Fragen der täglichen Schularbeit eine besonders glückliche Hand. So beschäftigten sich die Schüler während der damaligen Zeit in seinem Griechischunterricht zum ersten Mal mit Homers „Illias". Dem Geist der Zeit verpflichtet, versuchte sich Christoph Jeremias Rost auch wiederholt als Dichter. Vor allem seine lateinischen Epigramme fanden ein rechts positives Echo bei den Lesern.
Im Jahre 1759 wurde Rost als Rektor an die Spitze des Bautzener Gymnasiums berufen, das er bis zu seinem Tode im Jahre 1790 leitete. Christoph Jeremias Rosts Plauener Amtsnachfolger wurde der Sohn seines Vorgängers: Gottlieb Wilhelm Irmisch. Er wurde 1732 in Plauen geboren, hatte seine Bildung bei seinem Vater sowie am Plauener Lyceum und später an der Leipziger Universität erworben. Bereits mit 27Jahren übernahm er die Leitung der Plauener Lehranstalt, und das in einer schwierigen Zeit: Der Siebenjährige Krieg (1756 bis 1763) wirkte sich auch auf die Schulen negativ aus, Irmisch führte jedoch die Schule geschickt durch die Kriegswirren. Pädagogisch folgte er weitgehend den Ideen seiner Vorgänger, wobei er sich vor allem um den Aufbau der Schulbibliothek verdient machte. In seinen letzten Dienstjahren vermochte er der Schule keine neuen Impulse mehr zu geben, trotzdem blieb er ihr Rektor bis zu seinem Tode am 9. April 1794. Über seine dienstlichen Verpflichtungen hinaus hatte er sich auch als Dichter einen Namen gemacht, 1791 erhielt er von der Wittenberger Universität sogar den Titel „poeta laureatus" (preisgekrönter Dichter). 1794 wurde dann der Sohn seines Amtsvorgängers sein Nachfolger: Friedrich Wilhelm Ehrenfried Rost. Er war erst 26 Jahre alt und hatte seine Ausbildung am Bautzener Gymnasium und an der Universität Leipzig erhalten. Bei seiner Amtseinführung am 25. Oktober 1794 in Plauen bekannte er sich zur Ausbildung aller natürlichen Kräfte des Menschen, der Anschauung maß er eine große Bedeutung im Bildungsprozess zu. Doch Rost blieb nur ein anderthalbes Jahr in Plauen, eine viel zu kurze Zeit, um diese vom Philanthropismus beeinflussten Ideen spürbar in die Praxis umzusetzen. Der Reiz, die Stelle eines Konrektors an der Leipziger Thomasschule zu übernehmen, ließ ihn das Vogtland schon Ostern 1796 verlassen. Vier Jahre blieb Rost junior als stellvertretender Leiter dieser traditionsreichen Lehranstalt tätig. Im Jahr 1800 übernahm er das Amt des Rektors dieser Schule, das er bis zu seinem Tod 1835 innehatte.
Mag es als großer Zufall erscheinen, daß am Plauener Lyceum über einen Zeitraum von 64 Jahren zweimal Vater und Sohn, jeweils durch die andere Familie unterbrochen, als Rektoren wirkten – beim genauen Hinsehen werden jedoch innere Beziehungen deutlich. So wirkte in beiden Fällen der gute Ruf der Väter auf die Söhne nach, was sicher deren Berufung ins Amt in einem frühen Lebensalter begünstigte. Darüber hinaus schlug der ältere Rost den jungen Irmisch ganz bewusst als seinen Nachfolger vor. Wie dem auch sei - die zweifellos selten anzutreffende doppelte Verkettung von Vater und Sohn im Amt des Rektors war für das Plauener Lyceurn eine fruchtbare Zeit. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich unter den beiden Söhnen Widersprüche im Schulleben abzeichneten, die den Anbruch einer neuen Zeit dokumentierten.