Wertvolle Schätze am Plauener Gymnasium

von Roland Schmidt

 
Als höchste Bildungsstätte des Vogtlandes musste das Plauener Gymnasium darauf bedacht sein, seine Schüler so gut wie möglich auf ein Universitätsstudium oder eine Tätigkeit in gehobenen Berufen vorzubereiten. Dazu war eine leistungsfähige Schulbibliothek unerlässlich. Lässt sich aus heutiger Sicht auch kaum nachvollziehen, wann der Aufbau dieser Schulbibliothek am Plauener Gymnasium begann, so wissen wir doch, dass der Buchbestand bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts „etliche hundert Werke" meist theologischen Inhalts ausmachte. Er entsprach gewiss dem wissenschaftlichen Stand der Zeit, erwies sich jedoch für schulische Zwecke als einseitig. Allerdings waren die räumlichen Bedingungen im alten Schulhaus am Kirchplatz zu schlecht. Feuchte Wände ließen viele Bücher modern, auch fehlte der Platz für neue Druckerzeugnisse. Das änderte sich in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, nachdem die Schule in das neue Gebäude am Schulberg umgezogen war. Die Bücher wurden sachgerechter untergebracht und gleichzeitig begann Rektor Adolf Friedrich Wimmer (er leitete die Schule von 1800 bis 1829) den Buchbestand systematisch zu erweitern. Teils über den Buchhandel teils über öffentliche Versteigerungen wurden wichtige wissenschaftliche Bücher sowie literarische Werke antiker Autoren, der deutschen Klassik und ausländischer Schriftsteller erworben. Das Geld dafür stammte aus verschiedenen Bücherlegaten, die Gönner der Schule zur Verfügung gestellt hatten. Diese Arbeit wurde von Rektor Prof. Dr. Johann Gottlieb Dölling, der von 1829 bis 1850 an der Spitze der Anstalt stand, zielgerichtet fortgeführt. Dölling dachte auch an spezielle Literatur für seine Schüler und förderte den Aufbau von Klassenbibliotheken. Sie enthielten Werke von antiken und modernen Schriftstellern, die im Unterricht behandelt wurden, sowie gute Kommentare dazu, darüber hinaus auch noch eine Reihe Hand- und Nachschlagwerke zu den verschiedensten Schulfächern. Wie Dölling schrieb, wollte man den Schülern „deutsche Klassiker, Dichter und Prosaiker zur Geschmacks- und Stilbildung in die Hand ... geben, zugleich auch, um sie vor anderer, Geist und Herz vergiftender, Lektüre zu bewahren". Besonders Augenmerk galt der Bibliothek der Primaner, die es innerhalb kurzer Zeit auf 65 Werke brachte. Darunter zählten ein 12-bändiger Atlas der alten Welt, ein philologisches Lexikon von 1730, Lessings Werke in 28 Bänden, Homers „Ilias", 6 Karten von Sachsen, ein Schulgesangbuch und Hufelands „Die Kunst menschliches Lebens zu verlängern" von 1792. Im Schuljahr 1832/33 wurde der Buchbestand um 87 neue Titel erweitert, so mit Jahns „Geschichte des Voigtlandes" (1831) sowie einer Reisebeschreibung Russlands. Die Sekundanerbibliothek umfasste 1832 neun Werke, und für die Tertianerbibliothek waren die ersten Anfänge getan worden. Jede Klassenbibliothek hatte einen eigenen Stempel, mit dem die Bücher gekennzeichnet wurden. So stellte der Stempel der Primanerbibliothek einen Bienenkorb dar, der von der Unterschrift „Bibl.CI.Prim.Schol. Plaviensis 1830" umkränzt war. Trotz dieser erfreulichen Entwicklung zeigte sich Rektor Dölling mit dem Erreichten nicht zufrieden, so dass er zu weiteren Buchspenden aufforderte. Natürlich wusste er, dass sich die Plauener hohe Schule in einer bescheideneren Situation als die Nikolaischule in Leipzig befand, die von den Buchverlagen der Messestadt regelmäßig Freiexemplare erhielt, dennoch war sein Wunsch nicht zu überhören: „Wir würden uns glücklich fühlen, wenn uns nur dann und wann jemand eine von ihm selbst entbehrliche Wenigkeit aus seiner Bibliothek oder an Gelde zufließen lassen wollte." Döllings Aufruf verhallte nicht ungehört, denn es gingen zahlreiche Spenden ein. Doch auch die Schüler hatten die Ausgaben für die Klassenbibliothek mitzutragen. So zahlten die Primaner wöchentlich 3 Pfennige Büchergeld, was einen jährlichen Gesamtwert von 12 bis 13 Taler ausmachte. Beide Bibliotheksformen wurden in der Folgezeit systematisch ausgebaut. Als das Gymnasium 1911 in das neue Gebäude in der Blücherstraße umzog, schrieb man bereits von einer „sehr umfangreichen Bibliothek", zu der auch mehrere bibliophile Kostbarkeiten gehörten. Die totale Zerstörung des Gymnasiums am 10. April 1945 ließ sie alle ein Raub der Flammen werden. Tags: