Sponsorengelder für ein neues Schulhaus
Im heutigen Plauener Stadtgeschehen spielt der Schulberg keine große Rolle mehr. Straßenschilder weisen zwar seinen Namen aus, und tatsächlich führt die kleine Straße auch heute noch von der Syra die kleine Anhöhe zum Eingang der Johanniskirche hinauf. Von einer Schule ist aber weit und breit nichts mehr zu sehen. Dennoch trägt der Schulberg seinen Namen zu Recht, stand doch an seiner Südseite - zur Kirche hin - das "Vogtländische Kreisschulhaus", das vor 185 Jahren, am 17. April 1815, feierlich eröffnet wurde. Dieser Schulgründung gingen langwierige Kämpfe voraus, und es war vor allem ein Verdienst des Plauener Superintendenten Johann Friedrich Tischer ( 1767 - 1842), dass mit diesem Gebäude das Plauener Schulwesen endlich bessere materielle Bedingungen erhielt. Jahrhundertelang, seit der Reformation, hatte sich die Plauener Stadtschule mit den bescheidenen Räumen unter der Superintendentur im Konventsgebäude begnügen müssen. Die engen und dunklen Räume im Kellergeschoß, die nur notdürftig mit Brettern voneinander abgetrennt waren, boten nur unzureichende Bedingungen für ein erfolgreiches Lernen. In aller Öffentlichkeit sprach man von einem "Schuljammer", und hinter vorgehaltener Hand fielen noch drastischere Ausdrücke über den räumlichen Zustand der wichtigsten Schule des Vogtlandes. Die Klagen der Lehrer und anderer Verantwortlicher darüber wurden immer lauter, und die wachsende Zahl der Kinder zu Beginn des 19. Jahrhunderts verschärfte das Problem dramatisch. Doch vom Rathaus war keine schnelle Hilfe zu erwarten. Die mehrjährige Besatzung der Stadt durch die Truppen Napoleons und die anschließenden Befreiungskriege 1813 hatten viel Geld gekostet. Die Stadtkasse war leer, so dass ein Ende des schlimmen materiellrämlichen Zustandes der Plauener Schule nicht abzusehen war. Superintendent Tischer gab sich damit aber nicht zufrieden. Er gewann zahlungskräftige Sponsoren aus allen Teilen des Vogtlandes, um von den eingehenden Geldern ein für Unterrichtszwecke geeignetes Gebäude zu kaufen. Den höchsten Betrag stiftete der Plauener Steuerinspektor Gregorius August Leißner mit 2000 Talern, zu den anderen Geldgebern gehörten Plauener Fabrikanten, mehrere vogtländische Rittergutsbesitzer und Gerichtsdirektoren, und auch ein Stützengrüner Lehrer war unter den Sponsoren. Superintendent Tischer war der Spendenaktion selbst mit gutem Beispiel vorangegangen und hatte 500 Taler gestiftet. Von dem gesammelten Geld wurde 1814 für 7475 Taler ein Doppelhaus in unmittelbarer Nähe der Johanniskirche gekauft, das sich der Plauener Kaufmann Landrock in den Jahren 1797/98 für 32 000 Taler errichten lassen hatte. In den folgenden Monaten wurde das Haus für Unterrichtszwecke umgebaut, so daß fünf große und ein kleines Klassenzimmer sowie eine Dienstwohnung für den Konrektor geschaffen wurden. Die neuen Unterrichtsräume waren - nach damaligen Gesichtspunkten - hell und freundlich, sie luden zum Lernen ein und bildeten einen echten Gegenpol zu den bisherigen Schulräumen in der Superintendentur. Freilich war das Landrocksche Haus kein ursprünglich als Schule gebautes Gebäude, so dass auch weiterhin Wünsche offen blieben. So gab es keine Aula und nur einen kleinen Schulhof, das Lehrerzimmer und die Räume für die Lehrmittelsammlungen waren eng bemessen. In das neue Schulhaus zogen die vier oberen Klassen des Lyceums ein, während die beiden unteren Klassen (nach der damaligen Zählweise die Klassen 5 und 6) in den alten unwürdigen Räumen der Superintendentur verblieben. Die weiter wachsende Schülerzahl machte es aber bereits 10 Jahre später erforderlich, auch die 4. Klasse wieder in den alten Räumen zu unterrichten. Doch diese Probleme, die bereits die Notwendigkeit weiterer Investionen für das Schulwesen signalisierten, spielten am 17. April 1815 noch keine Rolle. In freudiger Stimmung nahmen 106 Schüler und Lehrerseminaristen zusammen mit ihren Lehrern von der neuen Schule Besitz, und Superintendent Tischer verlieh ihr den Namen "Vogtländisches Kreisschulhaus". Damit erwies er nicht nur den Sponsoren aus allen Teilen des Vogtlandes seinen Dank, sondern er machte mit diesem Namen auch bewußt, dass diese Schule nicht allein für Plauen, sondern für das gesamte Vogtland wichtig war. Wenn die Bezeichnung "Vogtländisches Kreisschulhaus" nach Tischers Weggang aus Plauen (1823) auch bald wieder in Vergessenheit geriet, so erfüllte das ehemals Landrocksche Haus am Schulberg über viele Jahrzehnte seine Funktion als Bildungsstätte. Bis 1854 beherbergte es das Lyceum bzw. Gymnasium und später die Plauener Bauschule, bevor es 1945 den Bomben zum Opfer fiel.