Adelaide Palm - eine Gönnerin der Gymnasiasten in Plauen

von Roland Schmidt

 
Vielen Plauenern wird der Name heute nichts mehr sagen, den Gymnasiasten des vorigen Jahrhunderts war er aber wohl vertraut: Adelaide Palm. Sie starb - erst 27jährig - am 13. Juni 1854 an der Geburt ihres Kindes. An diese Frau erinnert noch heute eine kleine Grabplatte an der Außenmauer der Lutherkirche. Sie zierte ursprünglich das Grab der Verstorbenen auf dem einstigen Friedhof der Stadt, der 1883 eingeebnet und zum heutigen Lutherplatz gestaltet wurde. Adelaide Palm war die Tochter des Dichters, Weltreisenden und Naturforschers Adelbert von Chamisso (1781-1838) und seiner Frau Antonie (1800-1837). Sie war am 12. Juni 1827 in Berlin geboren worden. Ihr Vater entstammte einer französischen Adelsfamilie, die während der Französischen Revolution nach Berlin flüchtete. Adelbert von Chamisso verzichtete später auf seine adligen Vorrechte. Als anerkannter Botaniker leitete er bis zu seinem Tode das Berliner Herbarium, als Dichter von „Peter Schlemihls wundersamer Geschichte" sowie zahlreicher lyrischer und sozialer Balladen zählte er zu den bedeutendsten Literaten seiner Zeit. Adelaide war das dritte von sieben Kindern des Ehepaares von Chamisso. Obwohl sie noch als Kind Mutter und Vater verlor, wuchs sie in wohlsituierten Verhältnissen auf und erwarb eine standesgemäße „höhere Mächenbildung", um später eine „gute Partie" zu machen. Das geschah durch die Heirat mit dem 14 Jahre älteren Prof. Dr. Johann Friedrich Palm, dem Rektor des Plauener Gymnasiums. Palm stammte aus Prettin/Elbe, hatte in Leipzig Philosophie studiert und danach als Lehrer an der Nikolaischule der Messestadt gearbeitet. 1842 wurde er als Professor an die Fürstenschule in Grimma berufen. Im Oktober 1850 wurde er Rektor des Plauener Gymnasiums, das er bis 1861 leitete, um dann in gleicher Position zum Bautzner Gymnasium zu wechseln. Er starb am 14. Februar 1871. Politisch stand Palm im konservativen Lager. Er führte jedoch am Plauener Gymnasium zahlreiche Maßnahmen ein, die dem Lehrbetrieb eine festere Ordnung gaben und somit das Ansehen der Schule erhöhten. Seine junge Frau nahm daran regen Anteil, und in der Wohnung der Familie Palm in einem Haus im Gösselschen Garten am Mühlgraben ist manches Schulproblem auf familiärer Ebene diskutiert worden. Der frühe Tod Adelaides setzte dem aber ein jähes Ende. Nach Palms Zeugnis hat seine Frau auf dem Sterbebett ein Kapital von 400 Talern „zu zwei Stipendien für arme, fromme und fleißige Schüler" ausgesetzt und ihrem Gatten die genaueren Bestimmungen zur Ausschüttung des Geldes überlassen. Dieser legte fest, dass die jährlichen Zinsen zu gleichen Teilen jeweils am Todestag seiner Frau vergeben wurden. Ein Stipendium sollte einem Schüler aus den drei oberen Klassen zugute kommen, „welcher die gedachten Eigenschaften besitzt, jedoch ohne Rücksicht auf seinen künftigen Beruf". Das andere sollte an einen Abiturienten gezahlt werden, der sich für ein Studium der Philosophie oder Theologie entschieden hatte. Es wurde auch als „Viaticum" (Reise- und Zehrgeld) bezeichnet. Darüber hinaus legte Palm auch fest, in welcher Form diese Gelder ausgehändigt werden sollten. Die gesamte Schülerschaft sollte jeweils am 13. Juni in einem Morgengebet das Andenken seiner Gattin ehren und danach sollten – umrahmt von Kirchenliedern – die Namen der Ausgezeichneten be- kanntgegeben werden. ' Das Königliche Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts genehmigte per Verordnung vom 5. Dezember 1854 diese Stiftung, und seit 1855 wurden alljährlich zum 13. Juni Feierstunden zu Ehren von Adelaide Palm veranstaltet. In den ersten Jahren betrug die jährliche Zinssumme 19 Taler, später ergaben sich aus den Währungsveränderungen neue Summen. So waren 1884 das „Palmsche Stipendium" und das „Palmsche Viaticum" mit jeweils 27 Mark dotiert. Wie die konkrete Summe auch lautete, die bedürftigen Schüler haben das Geld gern angenommen, es war eine willkommene Hilfe für ihr karges Budget. So wirkte Adelaide Palm noch lange Zeit nach ihrem Tod als Wohltäterin für Plauener Gymnasiasten. Die Inflation der Jahre 1922/23 entwertete jedoch auch dieses Grundkapital und setzte damit diesem guten Werk ein Ende.