Plauener Lehrer propagierten vor 200 Jahren das Schwimmen

von Roland Schmidt

 
Heute ist es unbestritten: Täglich kaltes Duschen kräftigt den Organismus, und regelmäßiges Schwimmen fördert in hohem Maße die Körperertüchtigung. Vor 200 Jahren standen unsere Vorfahren diesen Erkenntnissen noch nicht so aufgeschlossen gegenüber, so dass es erst vielfältiger Initiativen bedurfte, diesen Gedanken mehr und mehr zum Allgemeingut zu machen. Nicht zuletzt veranlassten auch fast in jedem Jahr auftretende tödliche Badeunfälle in der Weißen Elster einflussreiche Persönlichkeiten Plauens zu Appellen an die Jugendlichen, das Schwimmen zu lernen. Bereits 1798 hatte der Lehrer am Lyceum und spätere Stadtdiakon Moritz Erdmann Engel (1767 -1836), der 42 Jahre auch als Schriftleiter des „Vogtländischen Anzeiger" fungierte, die Notwendigkeit betont, bei der körperlichen Ausbildung der Jugendlichen auch die Übungen im Schwimmen nicht zu vergessen. Knapp dreißig Jahre später (1827) schrieb er: „Alle Knaben sollen von früher Jugend an in der Schwimmkunst angelernt und geübt werden.... wie oft kann dadurch eigenes oder fremdes Leben gerettet werden." Allerdings wurde dieser Aufruf zunächst nur wenig beachtet, und das alleinige Ausweisen eines Badeplatzes für Kinder unter 14 Jahren an der Mündung des Knielohbaches in die Elster reichte dafür nicht aus. Das änderte sich mit der 1833 von Otto Leonhard Heubner ins Leben gerufenen Turnbewegung. Bereits 1836 erließen die Turner eine Badeordnung, die die Sportler entsprechend ihren Schwimmfertigkeiten in drei Gruppen unterteilte und Hinweise für einen Schwimmkurs enthielt. Da sich die Plauener Turner vor allem aus den Lehrerseminaristen und den Gymnasiasten zusammensetzten, wurden mit dieser Badeordnung in erster Linie die Schüler an Plauens höheren Bildungsstätten erfaßt. Als 1844 oberhalb des Stadtmühlenwehres eine Schwimm- und Badeanstalt angelegt wurde, waren es vor allem Plauener Lehrer, die die Öffentlichkeit zu Spenden aufforderten, um die Einrichtung zu finanzieren. Der Appell kam an, denn ein Jahr später waren etwa 225 Zöglinge der genannten zwei Einrichtungen ständige Badegäste. 1846 erhielten sie sogar durch Schwimmlehrer Johann Gottfried Fliegner unentgeltlichen Schwimmunterricht. Leider hielt diese Errungenschaft nicht lange vor, denn 1848 musste das Bad aus finanziellen Gründen schließen. Das zu seinem Betrieb benutzte Floss in der Elster, das an Ketten befestigt war und im Frühjahr ein- und im Herbst wieder ausgebaut werden musste, um die Holzflößerei nicht zu gefährden, war zu kostspielig. Damit hatten auch die Bemühungen der Lehrer, allen Schülern das Schwimmenlernen zu ermöglichen, einen Rückschlag erhalten. Doch so schnell gaben sie nicht auf, vielmehr waren sie bei verschiedenen anderen Badgründungen, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgten, führend beteiligt. Vor allem galt das für die Bademöglichkeiten in der Elster. In den fünfziger Jahren hatte der Ziegeleibesitzer Friedrich August Ehrhardt ein Männerbad eröffnet, das 1873 von der Stadt erworben wurde. 1890 entstand unweit davon auch ein städtisches Frauenbad in der Elster. Schließlich hatte sich bereits Ende der sechziger Jahre in Plauen der „Badeverein" gegründet, der oberhalb des großen Elsterwehres eine eigene Badeanstalt betrieb. Da sich der Verein besonders unter den Lehrern großer Beliebtheit erfreute, wurde dieses Bad bald auch als „Lehrerbad" bezeichnet. Doch mit dem Propagieren des Schwimmens allein war es nicht getan, vielmehr spielten auch die Reinigung und Abhärtung der Körper eine große Rolle. In den Sommermonaten hatte dabei das Elsterwasser seine Wirkung gewiss nicht verfehlt. Für den Winter konnten die relativ wenigen Badestuben den Bedarf kaum decken, außerdem kamen sie für die einfachen Schichten des Volkes auch aus Kostengründen nicht in Frage. Es war deshalb ein großer Fortschritt, als in die um die Jahrhundertwende in Plauen neu gebauten Schulen Brausebäder installiert wurden. Die - wie sie später bezeichnet wurden - Heubner-, Seume-, Kemmler-, Dittes-, Herbart- und Mosenschule verfügten über Duschanlagen, die im vierzehntägigen Wechsel den Jungen und den Mädchen vor allem der unteren Klassen zur Verfügung standen. Somit leisteten die Plauener Schulen und ihre Lehrer einen wichtigen Beitrag, die Schüler durch Schwimmen und Abhärtung zu einer gesunden Lebensführung zu befähigen. Die Eröffnung des König-Albert-Bades am 30. September 1912 erschloß dafür weitere Möglichkeiten.